WWF und ÖKOBÜRO ziehen ernüchternde Bilanz nach 19 Monaten schwarz-grüner Regierung
Mit der gestern vom Tiroler Landtag beschlossenen Naturschutzgesetz-Novelle ist ein Tiefpunkt der österreichischen Umweltpolitik und insbesondere des Grünen Regierens erreicht. Das neue Gesetz widerspricht eindeutig dem Europarecht und der Alpenkonvention. Dadurch wird unter anderem die Zerstörung des international beliebten Natur- und Paddlerparadieses Ötztaler Ache zugunsten des Kaunertal-Projekts ermöglicht. „Für den WWF, ÖKOBÜRO und mehr als 20 weitere Umweltverbände und Initiativen ist diese Novelle eine Anlassgesetzgebung für die TIWAG und absolut inakzeptabel“, erklärt Christoph Walder, Leiter des WWF Tirol. Die Tiroler Landesregierung und insbesondere die Grünen sind aufgefordert, im neuen Jahr mehr Sensibilität und Verantwortung für Natur und Umwelt zu zeigen. „Wir erwarten uns von den Grünen zündende Ideen für die Bewahrung der Natur, anstatt dass sie sie stückweise verheizen“, so Walder.
Die Gesetzesänderung erleichtert insbesondere den Bau von umstrittenen Kraftwerken wie im Kaunertal und im Kühtai. „Projekte der Energiewende“ sollen künftig auch in Ruhegebieten errichtet werden können, auch wenn das der Alpenkonvention eindeutig widerspricht. Auch der Artenschutz wird ausgehöhlt: Europarechtlich geschützte Tiere und Pflanzen ziehen zugunsten rascher Projektgenehmigungen von Wasserkraftwerken den Kürzeren. Verstöße gegen die Vorgaben der EU-Naturschutzrichtlinien und die Protokolle der Alpenkonvention werden dabei in Kauf genommen. Sogar das Umweltministerium in Wien hat sich kritisch zu dieser Novelle geäußert – ein ungewöhnliches Vorgehen.
30 Jahre nach der Besetzung der Hainburger Au, die zugleich Geburtsstunde der Grünen Partei war, hat sich die Situation der Flüsse massiv verschlechtert. Nur einer von zehn Alpenflüssen ist noch unversehrt. Diese Aushöhlung des Naturschutzes drängt nun alle Interessen an Fließgewässern außer der Wasserkraft, weiter in den Hintergrund. „Dass dieser rechtswidrige Kahlschlag des Tiroler Naturschutzes ausgerechnet unter Grüner Regierungsarbeit passiert, macht mich fassungslos“, empört sich Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltorganisationen.
Wer die Energiewende ernsthaft umsetzen will, muss die Öffentlichkeit frühzeitig und umfassend einbinden und nach Lösungen suchen, die ohne die unnötige Zerstörung letzter intakter Alpenflüsse auskommt. „Die Wünsche der E-Wirtschaft müssen an die bestehenden Gesetze angepasst werden, nicht umgekehrt! Mit ihrem Kniefall vor der TIWAG hat sich die schwarz-grüne Koalition mit atemberaubender Geschwindigkeit entzaubert und nach eineinhalb Jahren Regierens bereits massiven ökologischen Schaden hinterlassen“, ziehen WWF und ÖKOBÜRO eine enttäuschende Bilanz.
Stellvertretend für zahlreiche von der Gesetzesnovelle betroffene Arten lässt der WWF in einer Fotoaktion auf Facebook ein „Murmeltier“ auf dem Tiroler Landhausplatz zu Wort kommen, das sich um die zunehmende Verbauung der Natur Sorgen macht. „Schützt meine Heimat“ steht auf seinem Schild. Am 9. Dezember fand vor dem Tiroler Landestheater Innsbruck eine Feuerinstallation des WWF mit dem Künstler Gebi Schatz zum Thema „Naturschutz in Flammen“ statt.