Nach Schlammwelle braucht es jetzt Inn-Gipfel und Gesamtkonzept für Tiroler Landesfluss
Innsbruck, am 16. Jänner 2014 – „Jetzt reicht’s!“ drückt Gebhard Tschavoll vom WWF seinen Unmut aus. Allein in den letzten acht Monaten war der Inn zweimal Stauraumspülungen ausgesetzt, bei denen die Schwebstoffbelastung im Oberland so hoch war, dass Eier, Larven und Jungfische massiv geschädigt wurden. „Der Grenzwert, der für den Bachforellen-Nachwuchs tödlich ist, wurde beim Vorfall am 7. Jänner um das zehnfache überschritten!“, ist der Naturschützer empört. Er befürchtet, dass die Jungfische durch die Aktion der TIWAG allesamt ums Leben gekommen sind. Wenn die TIWAG bei der angekündigten vollständigen Entleerung des Gepatsch 2015 ähnlich vorgeht wie heuer, ist die nächste Schlamm-Katastrophe bereits vorprogrammiert.
Einfach eine gewisse Anzahl Fische zu ersetzen wie von TIWAG-Vorstand Entstrasser vorgeschlagen, greift sowohl für den WWF als auch für den 1. Tiroler Fliegenfischerverein zu kurz. Beide Organisationen fordern mehr Transparenz, eine koordinierte Vorgehensweise und die Beachtung der Fischökologie. „Es kann nicht angehen, dass die TIWAG ihre Speicher nach Belieben absenkt und damit die unterliegenden Gewässer belastet“, erklärt Tschavoll. Dazu Fliegenfischer-Obmann Stefan Trobos: „Solange sich Ereignisse wie diese massive Schwebstoffbelastung aus dem Gepatsch-Speicher jederzeit wiederholen können, fühlen wir Fischer uns schlichtweg nicht ernst genommen! Die angekündigte Entschädigung der verlorenen Fischbrut stellt keine befriedigende, weil überhaupt nicht nachhaltige Lösung dar.“
Der WWF fordert Landeshauptmann Platter auf, im Rahmen eines Inn-Gipfels ein Gesamtkonzept für den Tiroler Landesfluss auszuarbeiten, und bietet dafür gerne seine Mithilfe und sein Know-How an. Ein solches Konzept würde – wie im Regierungsprogramm festgeschrieben – festlegen, wie die Nutzungen am Inn mit den Anforderungen des Natur- und Gewässerschutzes harmonisiert werden können. Das Feststoffmanagement von Speicheranlagen – also ein strikter Plan, wie mit den meterhohen Sediment¬ablagerungen in den Stauseen zu verfahren ist – muss Bestandteil eines solchen Konzeptes sein. In anderen Bundesländern wie etwa Kärnten und Salzburg ist dies längst Standard.
Trobos widerspricht außerdem dem Argument der TIWAG, eine Trübung des Inns wie Anfang Jänner, entspräche einem Hochwasser: „Das ist doppelt unrichtig: Zum einen kommen Hochwässer in dieser für die Fortpflanzung der Fische sensibelsten Zeit praktisch nicht vor. Zum anderen bringt ein natürliches Hochwasser eine Trübung durch Erde und Sand, also natürliche Faktoren, mit sich. Feinsediment, das mit Schadstoffen und Fäulnisbakterien durchsetzt ist, ist jedoch Gift für einen Fluss und tritt in der Natur niemals auf.“
Ablagerungen von Stauraumspülungen verschlicken die Gewässersohle bis in die kleinsten Ritzen, stören das natürliche Gleichgewicht und machen den Lebensraum für Fische und Kleinlebewesen unbrauchbar. Auch Sonder- und Naturschutzgebiete, in denen es keine Verschlechterung der Flussökologie geben darf, leiden unter solchen Eingriffen. Zu diesen Gebieten zählen die Silzer, Rietzer- und Mieminger, sowie Völser und Kranebitter Innauen. „Die Verbesserungen am Inn im Rahmen der von Bund und Land hochgelobten Initiative „der.inn – lebendig uns sicher“ sind sinnlos, wenn Landeshauptmann Günther Platter weiterhin zulässt, dass der Fluss zur heikelsten Zeit des Jahres verwüstet wird,“ stellt Tschavoll vom WWF abschließend fest.